Von Eliane Blum, aus SUMAUMA, 3.8.23

Wenn es keine konkrete Verpflichtung gibt, die Ausbeutung fossiler Brennstoffe im größten Regenwald der Erde zu beenden, könnte der Amazonas-Gipfel eine weitere verpasste Chance sein, die Lebensqualität neuer Generationen zu schützen, schreibt Eliana Brum, Journalistin, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerinin einem Brief, der von SUMAÚMA am 03-08-2023 veröffentlicht wurde. Hier die Auszüge in deutscher Übersetzung.

Liebe Leute,

vom 4. bis 9. August wird Belém die wichtigste Hauptstadt im Norden Brasiliens sein, wenn dort die Zivilgesellschaft zu den Amazonas-Dialogen und anschließend die Präsidenten der Länder, die den größten Regenwald der Erde beherbergen, zum Amazonas-Gipfel zusammenkommen. Ziel ist es, über die Entwicklung in der Region zu diskutieren, da sich der Wald dem Punkt nähert, an dem es kein Zurück mehr gibt – was bedeutet, dass er, geschwächt durch Abholzung und Degradierung, seine Fähigkeit zur Klimaregulierung verlieren wird. Das Problem ist, dass ein riesiger Ziegenbock im Raum steht, oder, um den nicht-menschlichen Bewohnern des Bioms treu zu bleiben, ein Tapir, ein sehr intelligentes Wesen, trotz des schlechten Namens, den ihm diejenigen geben, die es nicht gut kennen. Dieser Tapir wird Erdöl genannt.

Gustavo Petro, der kolumbianische Präsident, hat vorgeschlagen, keine neuen Verträge zur Erdölexploration im Amazonasgebiet abzuschließen. Luiz Inácio Lula da Silva, der an der Spitze des Landes steht, das der größte Ölproduzent der Region ist, lehnte dies ab. Alles deutet darauf hin, dass die anderen anwesenden Präsidenten – von denen nicht alle kommen werden – Lula näherstehen werden als Petro. Vor dem Hintergrund vielfältiger Probleme, als Angehörige einer Generation, der das Erdöl als Erlösung verkauft wurde, scheinen die Präsidenten, sowohl von unmittelbaren wirtschaftlichen Fragen als auch von einer Subjektivität bewegt zu werden, die durch das arrogante 20. Jahrhundert geprägt worden ist. Eine Ausnahme mag Kolumbiens Petro sein.

Obwohl sich Lula international stark für den Schutz des Waldes einsetzt, hat seine Regierung die Ministerin für Umwelt und Klimawandel, Marina Silva, in der Frage der Erdölförderung im Amazonasbecken isoliert und kaum Protest eingelegt, als der Kongress einen Teil ihres Ministeriums abholzte. Obwohl das brasilianische Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen (IBAMA) Petrobras eine Lizenz für eine Bohrung vor der Küste von Amapá verweigert hat, geht der interne Krieg weiter, angeführt vom Ministerium für Bergbau und Energie. Aber dank der Bemühungen des Umweltministeriums und der von indigenen Völkern und traditionellen Bevölkerungsgruppen erbrachten Umweltleistungen kann Lula sagen, dass die Entwaldungsmeldungen im Amazonasgebiet in der ersten Hälfte dieses Jahres um 33,6 Prozent zurückgegangen sind, verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres, als Brasilien noch von dem Rechtsextremisten Jair Bolsonaro (PL) regiert wurde.

Die Fakten zeigen, dass Lula als Präsident des Landes, das 60 % des Amazonas-Regenwaldes beherbergt, die besten Karten in der Hand hat, um in einer Zeit, in der der Klimakollaps und das Massensterben der Arten im Mittelpunkt der globalen Agenda stehen, als großer Protagonist für das Überleben auf unserem Planeten auftreten kann. Doch Lula, der immer noch davon überzeugt ist, dass ein guter Präsident zu sein bedeutet, ein Auto in der Garage, einen Grill und ein Bier auf dem Tisch für alle zu haben, hat sich schwer getan, diese neue Rolle auszubalancieren, die von einem Planeten verlangt wird, der von extremen Ereignissen einer Klimakrise heimgesucht wird, die gerade durch die Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle und Gas verursacht wird. Der Präsident, der bisher in der Region mit einer kraftvollen Rede zur Verteidigung der neuen Generationen hervorgetreten ist, ist Petro. Aber auch er steht unter starkem internem Druck und könnte einen Rückzieher machen. Es wird sehr interessant sein zu verfolgen, was auf diesem Gipfel, der nach dem heißesten Juli seit 120.000 Jahren stattfindet, passiert – oder eben nicht. Wir wissen, dass dies schwierige Themen sind, aber man kann sich nicht einfach nicht an dieser Debatte beteiligen. Es sei denn, man gehört zu denjenigen, die lieber zusehen, wie Leben zerstört wird, ohne etwas dagegen zu tun. In diesem Sinne ist das beste Beispiel die Zivilgesellschaft in Ecuador, die hart dafür gekämpft hat, dass ein Plebiszit über die Ölförderung im Amazonasgebiet abgehalten wird. Am 20. August werden die Ecuadorianerinnen und Ecuadorianer darüber abstimmen, ebenso wie über die Wahl des nächsten Präsidenten. Das Thema ist eines von vielen, die bei den Amazonas-Dialogen diskutiert werden, die am Freitag, den 4. August, beginnen und bei denen die organisierte Gesellschaft im Mittelpunkt stehen wird. Es wird eine Diskussion erwartet, die der Temperatur des Augenblicks entspricht.


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