Die folgende Autobiographie von Maria Leusa Munduruku, geboren 1988 im Volk der Munduruku, Bundesstaat: Mato Grosso, Brasilien, ist noch während der Zeit der Regierung Bolsonaro 2021 geschrieben und unter dem Eindruck direkter Todesdrohungen. Sie hat uns den Text 2023 in Hamburg gegeben. Wie sich die aktuelle Situation unter der Regierung Lula entwickeln wird ist zum heutigen Zeitpunkt (Sommer 2023) noch offen. Der Kampf der Munduruku geht jedenfalls weiter. (TS)

Von einer Munduruku-Frau stammen die Pflanzen auf dem Feld, die das Leben ihrer Enkelkinder ernähren. Eine Munduruku-Frau brachte Gerechtigkeit für den Tod ihres Bruders, des Handwerkers Wakorempu. Eine Munduruku-Frau wurde zum Fisch, weil sie ihren Mann verloren hatte. Die Frau von heute ist die Munduruku-Frau, die für das Leben kämpft.

Mündliche Geschichte des Munduruku-Volkes.

Ich bin Maria Leusa Munduruku [2], ich bin 33 Jahre alt, geboren im Dorf Missão Cururu, am oberen Tapajós-Fluss, im indigenen Land der Munduruku. Ich bin verheiratet und Mutter von fünf Kindern und einem Enkelkind. Ich bin eine Kriegerin und eine Verteidigerin des Territoriums und des Lebens unseres Volkes der Munduruku.
Als Frau muss ich mich um die Kinder und das Enkelkind kümmern, ich muss mich um das Haus und die Felder kümmern und kämpfen, um unser Territorium gegen Eindringlinge zu verteidigen: Es sind Goldsucher, Holzfäller und viele andere. Ich stehe auch an der Spitze unserer Volksorganisationen bei Treffen, in Versammlungen und Workshops für Frauen.
Auch wenn es angesichts der Habgierigen schwierig ist, kämpfe ich weiter, denn ich habe großen Respekt vor den Frauen, den Häuptlingen und den Kindern. Die Häuptlinge sind angewiesen, auf unsere Stimmen, sie haben Vertrauen in mich, weil sie wissen, dass ich mich immer für das Leben meines Volkes eingesetzt habe.
Aber es war nicht leicht, durch all die Jahre hindurch bis hierher zu kommen und eine weibliche Führungspersönlichkeit zu werden. Ich hatte mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, unter anderem mit dem Vorurteil, eine Frau zu sein und gleichzeitig zu kämpfen. Sie sagten, Frauen hätten nicht die Rolle, im Kampf zu sein, und diejenigen, die im Kampf seien, seien nur da, um die Männer zu begleiten, als ob wir Kampfsituationen ausnutzen wollten, um bei den Männern zu sein. Außerdem lebe ich mit der Bedrohung meines Lebens und des Lebens meiner Familie durch diejenigen, die für die Zerstörung sind.
In diesem Text erzähle ich Ihnen ein wenig über meinen Lebensweg zur Führungspersönlichkeit und über diesen Kontext der Bedrohungen durch die derzeitige Regierung (gemeint: Die Regierung Bolsonaro. TS). Ich spreche Portugiesisch als zweite Sprache, meine erste Sprache ist Munduruku. Auch diese Schriftsprache ist für mich keine Gewohnheit, denn wir kommunizieren hauptsächlich durch Gespräche. Aber ich denke, es ist wichtig, meine Kampferfahrungen mitzuteilen, weil ich glaube, dass ich diese Erfahrungen weitergeben muss, die ich gesammelt habe, die ich in meinem bisherigen Lebensweg aufbauen konnte und die ich weiter aufbauen möchte.
Als Bewegung halten wir diese Räume des Erfahrungsaustauschs mit anderen Völkern für wichtig, auch mit Völkern, die nicht aus Brasilien stammen. Der Aufbau und die Aufrechterhaltung dieser Allianzen sind für uns sehr wichtig, um den Kampf fortzusetzen. Die Kämpfe sind nicht unterschiedlich, nur das Land ist anders, aber unser Kampf ist derselbe. Unser Schmerz ist der gleiche, unser vergossenes Blut ist das gleiche Blut.
Von Kindheit an lernte ich, mich um meine Brüder und Schwestern zu kümmern, die Felder zu bestellen, mit meinem Volk zu leben und von ihm zu lernen, die Ältesten und die Weisen zu respektieren und ihnen zuzuhören. Ich habe gelernt, die traditionellen Lieder meines Volkes zu singen, ich habe gelernt, mich zu bemalen und zu kämpfen. Das Aufwachsen mit meinen weisen Lehrern, das Zuhören auf die Ältesten, Männer und Frauen, war eine meiner Schulen.
Im Rahmen eines integrierten Ausbildungs-Kurses namens Ibaorebu wurde ich zur Anführerin meines Volkes. Dort hörte ich Frauen, Männern, Anführern und Schamanen zu und wurde zur Vorsitzenden der Lehrerklasse gewählt, und dann war ich Mitglied der Ibaorebu-Kommission. Wir waren die Organisatoren, die alles vorbereiteten, wir informierten die Dörfer und baten die Familien um Beiträge, um die Schüler zum Ort des Unterrichts zu bringen, in das Dorf Sai Cinza, in der TI (Terra Indígena= anerkanntes Indigenes Land) Sai Cinza. Es waren 210 Munduruku-Schüler aus 140 Dörfern vom oberen und mittleren Tapajós, die acht Jahre lang in drei Bereichen (Krankenpfleger, Lehrer und Agrarökologietechniker) ausgebildet wurden. Wir hatten sehr hohe Kosten, aber gemeinsam schafften wir es, unsere Ausbildung in zwei Etappen pro Jahr zu absolvieren. Unsere Lehrer waren die Weisen, Ältesten, Schamanen, Handwerker, Zieher („puxadores“) und Pariwat-Lehrer [3], die unser Volk unterstützen. Am Ende jeder Etappe der Ibaorebu-Phase gingen wir jeweils mit Forschungsaktivitäten in die Dörfer. Ibaorebu war ein großer Weiser und Krieger, und deshalb trägt der integrierte Oberstufenkurs, der in Zusammenarbeit mit FUNAI durchgeführt wurde, diesen Titel. In diesem Raum lernten wir, unseren Kampf für das Volk der Munduruku wiederzubeleben und zu praktizieren.
Dies war der richtige Moment für mich, um meine Ausbildung als Anführerin fortzusetzen, als ich lernte, mich weiter in den Kampf zur Verteidigung des Lebens und meines Volkes zu begeben, gerade als es von der Regierung mit Großprojekten angegriffen wurde, wie dem geplanten Bau von Wasserkraftwerken an den Flüssen Tapajós und Teles Pires. Es ist ihnen gelungen, einige Staudämme zu bauen, wie das Wasserkraftwerk Teles Pires und das Wasserkraftwerk São Manoel. Sie ermordeten unsere heiligen Stätten, Karobixexe und Dekoka`a, wo die Geister unserer Vorfahren sind. Dennoch haben wir mit dem Widerstand der Bewegung seit 2012 viele Siege errungen. Ein sehr wichtiger Sieg war die Rettung der Itiğ’a (Graburnen), in denen sich die Geister unserer Vorfahren befinden, die von dem Unternehmen, das diese Staudämme baut, von ihren Plätzen entfernt worden waren. In diesem Prozess haben wir wirklich verstanden, dass die Regierung uns niemals respektieren wird und dass kein Unternehmen eine Vereinbarung erfüllen wird. Sie werden uns töten und sie töten uns bereits auf verschiedene Weise.
In der Bewegung, die wir gegründet haben, haben wir uns verpflichtet, den Kampf unserer Vorfahren für den Schutz unseres Territoriums, unserer Flüsse und unserer heiligen Stätten fortzusetzen. Wir haben uns in den Medien geäußert, wir haben Briefe geschrieben, in denen wir anprangerten, dass die Regierung uns tötet und unseren heiligen Orten das Leben nimmt. Wir respektieren immer unsere Orte und schreien der Welt zu, dass die Pariwat böse sind. Wir, die Munduruku, haben bereits eine Botschaft ausgesandt, dass wir gegen die Zerstörung und den Tod durch all diese Regierungsvorhaben sind, wie zum Beispiel: Bergbau, Abholzung, Staudämme, Wasserwege und Eisenbahnen. Wir werden weiterhin für die Verteidigung des Lebens und unseres Volkes Munduruku kämpfen.
Mit unserer Munduruku Ipereğ Ayũ-Bewegung zeigen wir der Regierung, dass das Volk der Munduruku sein eigenes Regierungsmodell hat. Ihr eigenes Entwicklungsmodell, wie freies Territorium ohne Zerstörung, mit Fluss und Wald zum Fischen, Jagen, Früchte sammeln usw. Unsere Organisation ist und war schon immer anders als die der Pariwat. Unsere Entscheidungen sind kollektiv, bei Versammlungen, Zusammenkünften und der Farmarbeit teilen wir die Lebensmittel, die wir haben. Um unser Territorium zu verteidigen, warten wir nicht auf die Regierung, sondern haben es selbst abgegrenzt [wörtlich: Demarkation: 4] und das Konsultationsprotokoll des Munduruku-Volkes verfasst, in dem festgelegt ist, wie wir auf die ILO-Konvention 169 reagieren werden. Wir haben auch die Frauen geschult, damit sie im Kampf immer unsere Strategien anwenden, mit der Weisheit der Schamanen und Weisen, und einige von ihnen haben bereits die Rolle von Häuptlingen in ihren Dörfern übernommen.
Gruppe Kriegerinnen Wakoborũn
Noch in Ibaorebu-Kurs hörten wir viel über unseren Widerstand, dass wir Munduruku Kämpfer sind, dass wir den Kampf nie aufgegeben haben. Ich lernte die Geschichte der großen Kriegerin Wakoborũn kennen, und so wurde ich mutig, mich am Kampf zu beteiligen. Ich lernte, dass auch wir Frauen in der Lage sind, gemeinsam mit den Männern zu kämpfen und die Räume zu besetzen. Mir wurde klar, dass Männer nicht alleine gewinnen können, sie brauchen die Frauen.
Die derzeitige Regierung (Bolsonaro) verletzt weiterhin unsere Rechte, jetzt ist der Tod schon keine Bedrohung mehr und viele Männer sind auch korrumpiert worden. Viele Mitglieder der Munduruku Ipereğ Ayũ -Bewegung begannen uns zu verlassen. Wir wussten bereits, dass alle Männer, die in der Bewegung waren, beherrscht werden konnten. Wir wussten, dass sie in die Welt der Habgier fallen könnten, wir wussten, dass sie diesen Weg gehen würden. Wir waren diejenigen, die die Führung übernehmen mussten. Wir haben viele Männer verloren, weil sie glaubten, die von der Regierung geförderte Entwicklung von Zerstörung und Tod nicht aufhalten zu können und sich den Pariwat anschlossen. Sie haben ihre schwache Vision; die Frauen nicht, die Frauen entscheiden die Dinge zum Wohle ihrer Kinder und des Territoriums. Andere Männer glauben immer noch, dass die Regierung die Eingeborenen verteidigen und für sie kämpfen kann, vor allem gegen das Eindringen in ihr Gebiet, gegen Holzfäller, Goldgräber und Landräuber. Das ist ein Irrtum, nur unser organisierter Kampf kann Widerstand leisten.
Als Frauen begannen wir also schon zu Beginn der Ipereğ Ayũ-Bewegung, uns zu organisieren. Es gab fünf Kriegergruppen: Pusuru Kao, Pukarao Pik Pik, Waremucu Pak Pak, Surup Surup und Wakoborũn. Und innerhalb dieser Gruppen ist unsere spezielle Gruppe von Kriegerinnen, die Wakoborũn. Dies ist eine Geschichte seit den Anfängen unseres Volkes. Und wir wurden in dieser Bewegung zur Verteidigung des Lebens und des Territoriums, unseres Kampfes, unserer Arbeit wirklich anerkannt. Wir begannen, uns besser zu organisieren, nachdem ich mich der Koordination der Munduruku Ipereğ Ayũ-Bewegung angeschlossen hatte. Die Schwierigkeiten sind alltäglich, um das Überleben zu sichern, aber wir haben uns wirklich an die Spitze des Kampfes gestellt. Wir haben nicht aufgehört, für unser Land und das Leben unserer Kinder zu kämpfen. Die Frauen waren bereits darauf vorbereitet, den von der Regierung korrumpierten Männern entgegenzutreten.
Die Frauen begannen, Treffen und Versammlungen abzuhalten. Wir begannen, uns zu organisieren. Wir begannen, eine kleine Versammlung der Frauen abzuhalten. Bei diesen Treffen diskutierten wir die politische Situation und sprachen darüber, wie sich die Frauen organisieren könnten. Ich war also nie allein, ich war immer mit anderen Kämpferinnen zusammen und habe gemeinsam darüber nachgedacht, welche Entscheidung zu treffen ist. Und deshalb war es wichtig, sich zu organisieren, denn wir wollten Freiheit haben. Dann begannen wir uns an die Geschichte von Wakoborũn zu erinnern, die die erste Kriegerin war.
Nachdem wir uns als Frauen organisiert hatten, sahen wir, dass wir immer noch Schwierigkeiten hatten, voranzukommen, weil wir keine Unterstützung von außen hatten, kein Boot, um die Dörfer zu erreichen, um dorthin zu fahren, wo die Frauen waren, um alle Frauen zu informieren.
Daher wurde gemeinsam mit der Ipereğ Ayũ-Bewegung beschlossen, Vereinigungen zu gründen, die mit der Bewegung zusammenarbeiten sollten, um die Aktivitäten durchführen zu können. Einige Vereinigungen wurden gegründet und die Frauen des oberen Tapajós gründeten im Februar 2018 die Munduruku Wakoborũn Frauen Vereinigung. Diese Vereinigung hat viel Arbeit geleistet, sowohl im Bereich der politischen Ausbildung und der technischen Ausbildung zur Einkommensgenerierung als auch im Bereich der Möglichkeiten der kollektiven Zusammenarbeit, wie zum Beispiel im Kampf um die Autorität der Schamanen und Ältesten. Während der Pandemie haben wir zahlreiche Aktionen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus und zur Verbreitung von Informationen durchgeführt. Der Verein nimmt teil am Kampf mit den anderen Vereinen zur Verteidigung des Territoriums, bei der Suche nach der Stärkung der Produktion und nach Anreizen für die Menschen, damit wir jeden Tag mehr für uns selbst tun können, ohne auf das Pariwat angewiesen zu sein. Wir werden immer noch von Menschen angegriffen, die nicht sehen, aber wir bleiben fest in unserem Kampf für das Leben aller. Wir werden weiterhin für unser Lebensmodell kämpfen, ohne Krankheit und Tod. Dies ist der Weg.
Die Bedrohungen im aktuellen Kontext der Regierung (Bolsonaro)
Ich leide sehr unter den Angriffen, denen wir ausgesetzt sind. Neben der Verteidigung des Kampfes muss ich mich auch um meine Kinder kümmern. Oft hören wir auf, uns um die Kinder zu kümmern, weil wir in diesem Kampf sind, und der Ehemann muss sich zu Hause um die Kinder kümmern. Ich weiß, dass das Volk jetzt auf mich angewiesen ist, und ich kann meine Kampferfahrung nicht verleugnen, die für unsere Zukunft, für unsere Enkelkinder und unsere Kinder von Nutzen sein wird. Als ich die Augen öffnete, saß unser Volk in einer sehr großen Falle. Die Regierung ist daydo[5], wie wir bereits gesagt haben.
Daydo-Regierung, das sind alle, wir sehen eigentlich keine großen Unterschiede zwischen den Regierungen. Wir wissen, dass alles noch schlimmer ist, die Zerstörung auf der ganzen Welt. Nachdem die Regierung Bolsonaro in Brasilien an die Macht kam, war das erste, was sie sagte, dass sie keinen Zentimeter des Territoriums für die indigene Bevölkerung abstecken und anerkennen würde. Der vorherige Präsident hat das nie gesagt, sie haben immer noch Territorium abgegrenzt, mit viel Kampf, viel Tod, wie es seit den Kolonisatoren geschehen ist, aber sie hatten einen gewissen Dialog. Diese Regierung sagt, dass sie nicht abstecken und anerkennen wird. Wir kennen diese Regierungen bereits, und wir haben erwartet, diese Art von Gerede zu hören. Unter der vorigen Regierung hatten wir bereits unsere eigene, von uns selbst erstellte Abgrenzung durchgeführt, um das Territorium unseres Volkes im mittleren Tapajós abzustecken, und wir haben mit der Absteckung der Ufergemeinden [6] von Montanha und Mangabal zwischen dem mittleren und oberen Tapajós zusammengearbeitet. Es scheint, dass wir bereits wussten, was kommen würde. Wir wissen, dass die Regierungen durch die Gier der Menschen immer schlechter werden.
Wir haben keine Hoffnung auf die Regierung. Wir können nicht warten, denn jede Regierung ist daran interessiert, sich die Ressourcen anzueignen, unser Territorium zu verändern, es aufzuteilen und es den Geschäftsleuten zu überlassen. Wir waren uns dessen schon immer bewusst, denn die Regierung wird uns niemals verteidigen. Deshalb sagen wir, dass keine von ihnen dem Volk der Munduruku etwas Gutes getan hat. Denn das Gebiet, das wir erhalten haben, wurde nur durch Kampf und Widerstand erreicht. Unsere Vorfahren hatten viel zu kämpfen, sie brauchten viel Kraft, um es zu bekommen, kein Gebiet wurde umsonst abgegrenzt oder anerkannt, es war unser Kampf.
Und so müssen wir weitermachen. Aber jetzt greift uns diese Bolsonaro-Regierung noch härter an, weil er auch Verbündete außerhalb des Landes hat. Deshalb diese Kraft, deshalb sagt er, dass er im Gebiet der indigenen Völker Bergbau betreiben will, um die Indigenen zu begünstigen, die vom Pariwat korrumpiert wurden.
Der Umweltminister der Regierung Bolsonaro, Ricardo Salles, ein anderer Mann, ist in unser Gebiet gegangen. Wir waren bereits an der Tür des Ministeriums und wurden nicht bedient, jetzt kommt er hierher, um sich um eine Minderheit zu kümmern, die den Bergbau befürwortet, um ein paar korrupte Männer des Volkes. Für uns ist Salles nicht einmal ein Minister, er ist ein Bandit, ein Eindringling, er dringt in unser Gebiet ein und hat den anderen Eindringlingen Kraft gegeben. Dieser Besuch war ein Versuch, einzuschüchtern und zu verängstigen, um der Gemeinde Jacareacanga seine Gewalt aufzuzwingen. Er ist gekommen, um seine Verbündeten zu treffen, die uns töten, unseren Fluss zerstören, die Fische töten, die Bäume fällen und das beenden, was uns Leben gibt.
Es tut uns nur um die Angehörigen unseres Volkes (wörtlich: parentes=Verwandte, TS) leid, die in die Falle des Pariwat geraten sind. Die Regierung hat sich auch selbst getäuscht, als sie dachte, sie würde ein Bündnis mit den Führern der indigenen Völker eingehen. Ich betrachte sie nicht als Führer des Volkes. Die Führer des Munduruku-Volkes sind diejenigen, die dafür kämpfen, das Leben des Volkes zu verteidigen, und nicht diejenigen, die nur an Zerstörung denken, die die Entwicklung des Todes verteidigen, wie Bergbau, Eisenbahnen und Staudämme. Denn Anführer ist derjenige, der sein Volk, sein Territorium verteidigt, der Liebe für sein Volk empfindet. Wer sagt, er sei ein Anführer, aber wer zerstört, wer keine Einheit hat, wer individualistisch ist, wer nur an sich selbst denkt, der ist kein Anführer.
Dieses Vorgehen der Regierung hat die Drohungen gegen die Führer, die das Volk und unser Land verteidigen, noch verstärkt. In diesem Zusammenhang musste ich selbst unter Todesdrohungen das Gebiet verlassen. Die Unsicherheit ist groß. Ich fühle mich auch nicht sicher, wo ich bin, weil ich meine Nachbarn und die Leute in den Geschäften, in denen wir Lebensmittel kaufen, nicht kenne. Wir sind mehr von der Pariwat abhängig, von der Sicherheitsausrüstung, wir können nicht auf die Straße gehen, nur wenn es nötig ist. Ich fühle mich sehr isoliert und habe Angst, weil ich denke, dass Banditen uns ständig töten können und wir trotzdem im Haus gefangen sind.
Ich fühle mich sehr wütend, weit weg von meiner Familie, meinem Feld, meinen Fischen, meinen Schweine- und Hühnerfarmen. Ich gehe nicht auf der Straße zu meinem Feld, ich sehe keine Kaffee- und Ingabäume und bin weit weg von den Frauen. Ich vermisse die Besuche der Häuptlinge und der Frauen am Ende des Monats. Ich vermisse das Mehl, den Fisch und das Wild. Aber mit all dieser Distanz lerne, fühle und denke ich darüber nach, wie ich meinen Kampf fortsetzen kann, um diese Menschen zu verteidigen, die meine Liebe sind, meine Familie und die Frauen meines Territoriums.
Ich bin immer noch diese Person, ich werde mich nicht ändern, ich werde immer diese Person sein, meine Stimme wird immer diese sein. Denn ich bin eine Mutter, ich bin eine Verteidigerin. Nur eine Sache hat sich geändert, denn ich musste mein Gebiet verlassen, um es gegen diese Invasionen zu verteidigen. Ich habe nur für eine gewisse Zeit meine Wohnung gewechselt. Es ist schwierig, aber ich muss mich dem stellen, wir haben schon schlimmere Zeiten erlebt.
Ich versuche, ruhig zu bleiben, denn es gibt andere Frauen, die diese Praxis, diese Erfahrungen, die ich habe, bereits aufgegriffen haben, sie haben mich in diesem Kampf bereits begleitet. Sie werden auch ihren Beitrag leisten und diesen Widerstand teilen. Es sind die Munduruku-Frauen, die Frauen, die an der Spitze des Kampfes stehen. Hier in Brasilien und außerhalb Brasiliens gibt es auch diese Frauen, die sich verteidigen, die Frauen, die den Mut haben, für die Menschen zu sprechen, die getötet werden, die aus ihrem Territorium vertrieben werden, und das ist es, woran ich glaube.
Ich schreibe hier meinen Kampf, den Kampf der Frauen den Kampf meines Volkes. Möge diese Botschaft des Schmerzes, des Schreis, der Tränen und der Hoffnung andere Frauen erreichen, die um ihr Territorium und um ihr Leben kämpfen und die Fähigkeit und Autonomie der Frauen zeigen. Die Welt existiert nicht ohne uns, also sind wir die Mutter Erde. Die Pariwat-Regierungen dieser Länder müssen verstehen, dass der Mann aus der Frau geboren wird. Wir sind Lichter wie die Sonne. Auf der Erde gibt es ohne die Sonne keine Menschheit und alles wird dunkel sein.

Seit dem Beginn meines Weges habe ich an Versammlungen, Aktionen und Bewegungen teilgenommen. Ich war Lehrerin in meinem Dorf Bananal Rio das Tropas, lokale indigene Gesundheitsrätin des Dorfes, Klassensprecherin von Ibaorebu sowie Mitglied der Projektkommission von Ibaorebu. Außerdem konnte ich 2018 eine Erfahrung als Sekretärin für indigene Angelegenheiten der Gemeinde Jacareacanga machen.
Unsere Bewegung und unser Widerstand werden weitergehen. Wir bleiben hier nicht stehen, sondern werden diesen Kampf immer weiter fortsetzen.

Anmerkungen

[2] Koordinatorin der Munduruku Wakoborũn Frauen-Vereinigung. Danksagung: an alle Wakoborũn-Frauen, die technischen Berater der Vereinigung: Luah Sampaio, Rosamaria Loures und das Coletivo Nodo Solidário.
[3] Für uns ist pariwat der schlechte weiße Mann, so haben wir es seit unserem Kontakt mit den Weißen gelernt. Wir verwenden diesen Begriff weiterhin für alle nicht-indigenen Menschen.
[4] Demarkation ist eine Stufe im administrativen Prozess der Absteckung und Anerkennung von indigenem Land. Aufgrund der Trägheit der Regierung hat das Volk der Munduruku im Jahr 2014 einen Prozess der Selbstdemarkierung eingeleitet.
[5] In diesem Zusammenhang wird der Begriff daydo als Verräter bezeichnet.
[6] Comunidade beiradeira ist die Bezeichnung für mehrere amazonische Gemeinschaften, die an den Ufern von Flüssen liegen, in diesem Fall am Tapajós-Fluss.

Im portugiesischen Original sind eine Reihe Fotos eingefügt, die hier aus rechtlichen Gründen nicht gezeigt werden können. (TS)